Ein Interview mit Julian Hirche zum Thema Ausbildung der Ausbilder (AdA) nach Ausbilder-Eignungsverordnung (AEVO) gibt es in der einhundertdreiunddreißigsten Episode des Anwendungsentwickler-Podcasts.
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Inhalt
Allgemeines zur Person
- Wie ist dein Name und wo arbeitest du (falls gewünscht)?
- Julian Hirche, 34 Jahre alt
- Ich arbeite in Hamburg in einem Unternehmen, das Software für Banken entwickelt.
- Ich bin dort Teamleiter von 3 Entwicklern und 2 Testern.
- An welchen Projekten arbeitest du zur Zeit in deinem Tagesjob?
- Wir erstellen Reports für Banken und haben z.B. eine Drag/Drop-Oberfläche zum „Klicken“ von Reports programmiert. Außerdem machen wir Reporting mit SQL und PL/SQL oder Datenexport nach Excel.
- Wir haben leider noch keine automatische Testabdeckung. Daher gibt es viele manuelle Tests. Wir planen aber, das zu automatisieren.
- Wir haben „richtige“ Tester, die z.B. Akzeptanztests durchführen.
- Wie bist du zur Informatik bzw. Softwareentwicklung gekommen?
- Ich programmiere seit ich 8 Jahre alt war. Bin mit dem C64 angefangen. Programmieren fand ich spannender als Spielen.
- Im Jahr 2000 habe ich die Realschule abgeschlossen und wollte Fachinformatiker werden, habe aber keinen Ausbildungsplatz gefunden.
- Das Arbeitsamt hat mir eine Ausbildung zum Mechatroniker empfohlen. Danach habe ich dann mehrere Jahre aks Mechatroniker gearbeitet, aber letztlich gekündigt, weil ich in die IT wollte.
- Welche Ausbildung bzw. welches Studium hast du im Bereich der Informatik absolviert?
- Ich habe zunächst eine Informatikassistentenausbildung in Wedel absolviert an einer privaten Fachhochschule. Dort habe ich auch viel zusammen mit Bachelor-Studenten gemacht.
- Mit welcher/n Programmiersprache/n arbeitest du im Alltag?
- Hauptsächlich C#. Früher auch Java oder PHP.
- Früher meinte ich mal „Microsoft ist doof“, aber inzwischen gefällt mir C# sehr gut. Auch .NET Core unter Linux ist eine tolle Sache.
- Wir entwickeln aktuell mit React im Frontend.
- Was ist deine Lieblingsprogrammiersprache und warum?
- C#, weil man mit ihr viele coole Sachen machen kann.
Ausbildereignungsprüfung, AdA und AEVO
- Was heißen die ganzen Abkürzungen: AdA, AEVO?
- AEVO ist die Ausbilder-Eignungsverordnung, die insb. die berufs-/arbeitspädagogische Eignung der Ausbilder definiert.
- AdA steht für Ausbildung der Ausbilder, also den Weg, wie man zum Ausbilder wird (z.B. durch entsprechende Kurse).
- Wer darf einen Ausbilderschein machen? Welche Voraussetzungen gibt es?
- Die Person muss persönlich (z.B. keine Vorstrafen) und fachlich (z.B. selbst die Ausbildung gemacht oder 5 Jahre im Beruf gearbeitet) geeignet sein.
- Warum hast du den Ausbilderschein gemacht?
- Ich gebe mein Wissen gerne weiter.
- Ich war schon lange im Internet aktiv und nutze viele Foren.
- In unserem Betrieb finden wir keine Mitarbeiter, warum also nicht einfach selbst ausbilden?
- Letztes Jahr haben wir es aber aufgrund von Projekten leider nicht geschafft, jemanden einzustellen.
- Wie und wo hast du den Ausbilderschein gemacht (z.B. Kurs, Selbststudium)?
- Ich habe einen Kurs besucht. Über 2 Monate hinweg habe ich in der Abendschule die Inhalte gelernt. Ich hätte alternativ auch 2 Wochen in Vollzeit lernen können.
- Die Dozenten waren Lehrer an der Schule, die auch in dem Bereich gearbeitet haben.
- Wir waren 20 Teilnehmer. Ich war der einzige ITler. Die anderen waren aus den Büroberufen oder dem Einzelhandel.
- Viele haben den Kurs im Rahmen ihrer Meister-Ausbildung gemacht.
- Braucht man den Schein überhaupt (noch)? Welche gesetzlichen Grundlagen gibt es?
- Nach AEVO muss ein Unternehmen einen Ausbilder haben, wenn es ausbilden will.
- Welche Inhalte wurden in deinem Kurs vermittelt? Was hast du gelernt? Was konntest du konkret für deinen Berufsalltag mitnehmen?
- Die Inhalte haben mit den konkreten Berufen nichts zu tun. Sie sind berufsunabhängig.
- Wir sind z.B. das komplette BIBB durchgegangen, aber auch das JAschG war wichtig. Auch der Sinn und die Vorteile der Ausbildung wurden besprochen.
- Es gibt grundsätzlich 4 Handlungsfelder, die man lernt: Ausbildung prüfen, vorbereiten, durchführen und abschließen.
- Zur Vorbereitung zählen z.B. das Planen der Probezeit, Literatur raussuchen, den ersten Arbeitstag gestalten.
- Das Abschließen umfasst insb., den Azubi durch die Prüfung zu bringen, aber auch das Erstellen eines Arbeitszeugnisses und die Gestaltung des Arbeitsvertrags bei Übernahme.
- Beim Durchführen der Ausbildung haben wir uns u.a. die verschiedenen Lehrmethoden angeschaut: 4-Stufen-Modell, Lehrgespräch, Projektarbeit.
- Aber auch das Feedback geben mit einem Evaluierungsbogen haben wir gelernt, z.B. ob der Azubi wissbegierig und pünktlich ist, wie er mit Kollegen umgeht und ob er sein Arbeitspensum schafft.
- Das Motivieren von Azubis war auch Bestandteil des Kurses und manchmal ist auch ein wenig Erziehung nötig, wenn die Aubis noch jünger sind.
- Was hat es mit den Lehrmethoden auf sich?
- Es geht darum, wie man den Azubis Wissen optimal vermittelt.
- Für Gruppen aus mehreren Azubis und das Vermitteln von Grundlagen eignet sich evlt. Frontalunterricht.
- Bei tiefergehenden Themen und mehreren Azubis ist vielleicht eher eine Projektarbeit sinnvoll.
- Die 4-Stufen-Methode aus Erklären, Vormachen, Nachmachen und Wiederholen ist eine Art Schritt-für-Schritt-Anleitung und heute nicht mehr so gerne gesehen.
- Es sollen eher in einem Lehrgespräch offene Fragen gestellt werden, über die der Azubi das Problem selbst lösen kann.
- Diese Gespräche haben wir im Kurs auch mit den anderen Teilnehmern gemeinsam geübt. Ich selbst durfte z.B. von einem Paketierer lernen, wie man Pakete platzsparend packt und verklebt.
- Aus welchen Teilen besteht die Prüfung?
- Es gibt einen schriftlichen Teil über 180 Minuten und einen mündlichen über 30 Minuten.
- Wie läuft die Prüfung konkret ab?
- Die schriftliche Prüfung ist eine Multiple-Choice-Prüfung mit 70 Fragen mit angegebener Anzahl korrekter Antworten.
- Ähnlich zur IHK-Prüfung gibt es viele fachliche Fragen z.B. zur Länge der Probezeit.
- Es gibt auch Fallstudien mit Beispielen: Azubi schafft die Prüfung nicht, wie geht es weiter? Welche Lehrmethoden sind sinnvoll bei einzelnen Berufen? Viele rechtliche Fragen.
- Die mündliche Prüfung besteht aus einem Rollenspiel über 15 Minuten und einem Fachgespräch über 15 Minuten.
- Eine Präsentation ist optional auch möglich. Dort müsste man dann zeigen, wie man einen Azubi anlernen würde.
- Im Kurs haben wir die mündliche Prüfung mit den anderen Kursteilnehmern durchgespielt. Man muss genau auf 15 Minuten kommen, also muss die komplette Lerneinheit dann fertig sein.
- Als Ergebnis bekommt man ein Zeugnis mit Note.
- Wie lief deine eigene Prüfung ab?
- Ich habe in einem Lehrgespräch den Bubble-Sort erklärt.
- Der Azubi musste den Algorithmus selbst finden.
- Wer war dein Azubi?
- Ein Prüfer hat den Azubi gespielt.
- Würdest du den Ausbilderschein weiterempfehlen?
- Auf jeden Fall! Der Kurs war für mich sehr lehrreich.
- Unser duales System der Berufsausbildung in Deutschland ist insg. super und sollte weiterverfolgt werden. Bei uns können nicht nur starke Schüler ausgebildet werden. Haupt- oder Realschule reichen auch für eine tolle Ausbildung.
- Was macht einen guten Ausbilder aus?
- Ein guter Ausbilder sollte den Azubi nicht als Ressource oder Maschine ansehen, sondern als Menschen akzeptieren. Es sollte z.B. auch bei privaten Problemen helfen und Empathie zeigen.
Aus- und Weiterbildung
- Welche Quellen kannst du für die Aus- und Weiterbildung im Bereich Programmierung empfehlen und warum?
- Informatik macchiato*. Hier werden für Schüler oder Studenten gut verständlich Informatikprobleme z.B. mit Bildern erklärt.
- Was ist dein absolutes Lieblingsbuch mit Bezug zur IT/Programmierung und warum?
- Robert C. Martin: Clean Code*. Das hat mir persönlich sehr viel gebracht. Ich habe gelernt, meinen Code sauber zu halten.
Abschluss
- Wo können die Hörer mehr über dich erfahren bzw. dich kontaktieren?
Literaturempfehlungen
Links
- Permalink zu dieser Podcast-Episode
- RSS-Feed des Podcasts
- Ausbilder-Eignungsverordnung vom 21. Januar 2009
- Ausbilder-Eignungsverordnung – Wikipedia
- BIBB
- Vier-Stufen-Methode – Wikipedia
Toll was du hier machst.
Ich wollte mich einmal bei dir Bedanken.
Die Seite fand ich als ich mein ADA machte, habe natürlich erstmal die für mich als angehender Ausbilder relevanten Episoden gehört. Aber auch einige Episoden mir „reingepfiffen“ welche für angehende Fachinformatiker gedacht sind.
Ich finde es wirklich toll was du hier machts, man merkt recht schnell das dir der Job wirklich viel spaß macht. Ansonsten würdest dir ja nicht die Arbeit dieses Blogs auferlegen.
Vielen Dank für die Hinweise, die Vorlagen – z.B. (Betrieblicher)Ausbildungsrahmenplan- .
Ich denke es ist mal ganz interessant positives Feedback zu erhalten.
Du weißt ja selber wieviel Zeit das Ersparen kann.
Gerne Empfehle ich dein Blog an unseren baldigen Azubis weiter.
Grüße
Stephan
Hallo Stephan, das freut mich sehr und motiviert mich weiterzumachen! Vielen Dank für dein Feedback! 😀
Hallo Stefan,
ich kann immer nur sagen, Hut ab vor dieser vielen Arbeit, die dieser Blog dir bereitet.
Finde ich sehr gut und ich hole mir als Ausbilder immer wieder neue Inspirationen.
Mit einer Aussage in diesem Artikel bin ich aber nicht so einverstanden: die 4-Stufen-Methode finde ich zum Beispiel total sinnvoll für Tätigkeiten, die praktisch ausgeführt werden und in einzelne Teilschritte unterteilt werden können oder bei denen die absolute Korrektheit wichtig ist.
Als Beispiel wäre zu nennen:
Freischalten gemäß der 5 Sicherheitsregeln (Ausbildung Elektroniker)
Anschließen einer Verlängerungsleitung (ebenfalls Elektroniker)
Austausch eines DVD-Laufwerks in einem Laptop (IT-Systemelektroniker oder FISI)
Letzteres war übrigens in meiner Ausbilderprüfung die Aufgabe meines Auszubildenden und ich konnte die (abgewandelte!) 4-Stufen-Methode gut nutzen, um meinen „Auszubildenden“ auch etwas über elektrostatische Aufladung zu erklären.
VG
Hallo André, danke für dein Feedback! Das freut mich! 🙂 Die 4-Stufen-Methode passt sicherlich zu einigen Lerninhalten sehr gut. Danke für deine Ergänzung.