Immer wieder stellen Prüflinge die Frage, ob es wichtig sei, die Wirtschaftlichkeit des Abschlussprojekts nachzuweisen und diesen Punkt in der Projektdokumentation/-präsentation abzuhandeln. Hier sind einige recht aktuelle Threads zu diesem Thema:
- Kosten-/Nutzenrechnung – Abschlussprojekte – Fachinformatiker.de
- Kosten/Nutzen Analyse – Abschlussprojekte – Fachinformatiker.de
- Amortisation bei Neuentwicklung in einer App – Abschlussprojekte – Fachinformatiker.de
Die kurze Antwort: Ja, die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung des Abschlussprojekts ist sehr wichtig.
Der wirtschaftliche Anteil des Berufes
Alle IT-Berufe – die Fachinformatiker, IT-Systemelektroniker und Informatik- bzw. IT-Systemkaufleute – sind kaufmännische Berufe. Die beiden letztgenannten Berufsbezeichnungen enthalten ja sogar die Bezeichnung Kaufleute.
Das übersehen viele technische Azubis gerne. Auch wenn der Teil Wirtschafts- und Sozialkunde sogar expliziter Prüfungsbestandteil ist. Ich habe das Gefühl, dass viele Prüfling den Wirtschaftsteil nur als lästigen Pflichtteil ansehen und sich teilweise sogar fragen warum sie diese „unpassenden“ Inhalte denn überhaupt lernen müssen. Schließlich müssen sie doch Server aufbauen oder Programme schreiben.
Aber letztlich arbeiten wir alle in Betrieben, die wirtschaftlich arbeiten müssen, um existieren zu können. Wir programmieren nicht aus Spaß Software, die niemand braucht. Stattdessen tragen wir mit unseren Projekten – egal ob intern oder für extern Kunden – dazu bei, dass unser Unternehmen wirtschaftlich erfolgreich ist. Und das müssen wir auch in der Abschlussprüfung zeigen.
Die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung
Die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung sehe ich daher als Pflichtprogramm bei jedem Abschlussprojekt an. Kostenkalkulation und Amortisationsrechnung sollten in keinem Projekt fehlen. Das ist meine Erfahrung der letzten Jahre und auch die einiger anderer Prüfer, mit denen ich gesprochen habe.
Viele Prüflinge – gerade die Entwickler – tendieren dazu, den Fokus nur auf die Technik zu legen (die dann auch meistens super umgesetzt ist), aber die Kosten zu vernachlässigen. Und das kann nicht sein. Denn Unternehmen führen Projekte ja nicht aus Spaß an der Freude durch, sondern um Gewinn zu erzielen oder Kosten zu reduzieren. Was helfen die interessantesten Projekte, wenn der Chef am Ende des Monats das Gehalt nicht mehr zahlen kann?
Daher gehört zu einem Projekt auch immer eine Betrachtung der wirtschaftlichen Bestandteile. Das sind üblicherweise mindestens die entstandenen Kosten und die zu erwartenden Erträge. Beides wird dann in einer Amortisationsrechnung gegenübergestellt, anhand derer die Wirtschaftlichkeit des Projekts verdeutlicht wird.
Formale Vorgaben
In der Verordnung über die Berufsausbildung im Bereich der Informations- und Telekommunikationstechnik (§15, Abs. 2) steht wörtlich:
Durch die Projektarbeit […] soll der Prüfling belegen, daß er Arbeitsabläufe und Teilaufgaben zielorientiert unter Beachtung wirtschaftlicher [Herv. d. Verf.], technischer, organisatorischer und zeitlicher Vorgaben selbständig planen und kundengerecht umsetzen […] kann.“
Die Wirtschaftlichkeit ist also explizit gefordert. Das sollte auch den letzten Zweifler von der Wichtigkeit dieses Inhalts in Projektdokumentation und -präsentation überzeugen. Wenn auch nicht für die Praxis, dann wenigstens für die Note! 😉
Fazit
Ich kann verstehen, wenn Prüflinge sich bei ihrem Abschlussprojekt auf die Technik konzentrieren. Der Teil macht mir natürlich auch mehr Spaß, als die „langweilige“ Kostenkalkulation. Aber wir haben als Anwendungsentwickler die Aufgabe, wirtschaftlich für unser Unternehmen zu arbeiten, und nicht nur das Geld, das andere verdienen, wieder auszugeben.
Unsere Projekte müssen dazu beitragen, dass das Unternehmen langfristig am Markt bestehen kann. Und dazu ist eine Betrachtung der Kosten und insb. der Amortisation unserer Projekte wichtig und absolut sinnvoll.
Wie weist du die Wirtschaftlichkeit deines Projekts nach? Musst du vielleicht sogar für all deine Projekte eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung abliefern? Oder übernehmen das die Projektleiter/-innen?
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Hallo Herr Macke,
ich habe in meiner Projektdokumentation eine Nutzwertanalyse zur Klärung der „Eigenentwicklung oder Fremdbezug“ -Frage erstellt.
Jetzt hatte ich mich gefragt ob ich hier einfach ein Produkt einer 3t Firma bewerten und vergleichen darf, oder ob ich das eventuell zensieren muss.
Es wäre super Nett wenn Sie mir diesbezüglich einen Tipp geben können 🙂
Grüße
PS: Super Seite 😀 bin wie gesagt gerade an meiner Projektdokumentation und habe die Seite standartmässig auf dem zweiten Bildschirm offen.
Hallo Cake,
danke für dein Feedback. Freut mich, dass ich helfen kann.
Warum solltest du das Produkt der externen Firma zensieren müssen? Deine Aufgabe ist die Auswahl einer geeigneten Lösung. Und dazu gehört ein offener Vergleich der Alternativen. Es gibt keinen Grund für eine Zensur. Es handelt sich ja nicht um Betriebsinterna (wobei das dank der Schweigepflicht des Prüfungsausschusses auch kein Problem wäre).
Viele Grüße!
Stefan
Hallo Stefan,
eben weil es nicht Betriebsinterna ist, dachte ich es wäre eventuell problematisch ein vergleichbares Produkt einer Drittfirma „einfach so“ zu vergleichen.
Ich wollte mich in dieser Richtung nur absichern, nicht dass ich den Prüfern dann plötzlich etwas übers UWG erzählen muss 🙂 mein Wissens Stand dahingehend ist (wie die Frage ja vielleicht gezeigt hat) ungenügend.
Danke für die Antwort
Hallo Herr Macke,
ich bin nun dabei die Projektpräsentation für die mündliche Abschlussprüfung als Anwendungsentwickler vorzubereiten .
Mein Problem ist nun, dass ich bei der Wirtschaftlichkeitsanalyse als einzigen Richtwert die Arbeitszeit habe ,da mein Projekt dafür gedacht ist den Arbeitsaufwand von einem Prozess von 2h auf c.a 15 min zu reduzieren.
Theoretisch müsste ich nun mit dem Stundensatz des Mitarbeiters der diesen Prozess durchlaufen hat rechnen um eine vernünftige Gegenüberstellung der Daten liefern zu können.
Allerdings ist der Stundensatz des Mitarbeiters für mich ein Tabuthema gewesen zwecks Datenschutz.
Soll ich dann in der Prüfung zum Berrechnen einfach einen pauschalen Durchschnittswert nutzen für den Stundenlohn?
Grüße
PS: Super Seite, hat mir schön des öfteren weitergeholfen 🙂
Hallo Hans, Stundensätze wegen „Datenschutz“ nicht rauszugeben, ist Quatsch. Wenn überhaupt, geht es um Geschäftsgeheimnisse. Aber wie dem auch sei: rechne mit dem dir bekannten Wert. Zur Not recherchierst du, was für vergleichbare Mitarbeiter in anderen Unternehmen als Stundensatz angesetzt wird. Oder du nimmst einfach einen Pauschalwert. Es geht ja hauptsächlich darum zu zeigen, dass du die Amortisation berechnen kannst.
Hallo Herr Macke,
ich bin zwar kein Anwendungsentwickler, sondern Systemintegrator aber auch hier ist eine Amortisierung unabdingbar.
Ich habe eine sehr komplizierte Rechnung, bei der ich gerne zuerst auf die Zahlen eingehen werde (z.B. Summe HW, Summe SW, Summe gesamt. Daraus resultierend im Jahr 1 die Summe XYZ, Jahr 2 ….). Außerdem zur Veranschaulichung der Kurve ein Liniendiagramm verwenden.
Nun ist die Frage wie genau ich auf die Zahlen eingehen soll.
Problem ist dass ich erst die prozentuale Steigerung der Anzahl errechnet habe (Werte der letzten Jahre genutzt usw.) wobei ich nicht weiß ob sie das so genau wissen wollen.
Ich möchte auf die Amortisierung auch keine 7min eingehen, da die maximale Zeit nur 15min beträgt.
Ich hoffe Sie haben verstanden worauf ich hinaus möchte. VG Alina
Hallo Alina,
ich denke, dass es dir um die Projektpräsentation geht, richtig? Dafür würde ich die wichtigsten Zahlen nehmen und sie verständlich darstellen. Du kannst in der kurzen Präsentationszeit nicht die gesamte Herleitung usw. machen. Konzentriere dich auf die Kernaussagen deiner Berechnung. Wie du genau auf die Zahlen gekommen bist, kannst du ggfs. im Fachgespräch erläutern, falls die Prüfer Interesse daran haben. Du musst noch so viele andere Inhalte in der Präsi unterbringen, dass du einfach Prioritäten setzen musst.
Viele Grüße!
Stefan
Hallo,
ich verstehe nicht, wie ich die Wirtschaftlichkeitsberechnung durchführen soll, wenn mein Projekt doch nur Kosten verursacht. Ich habe jetzt zwar alle Geräte in einem Dashboard, spare Zeit bei Einrichtung und die User können keinen gefährlichen Apps mehr installieren… jedoch kommt dadurch doch kein Geld mehr rein? Ich bin etwas verwirrt.
Hallo Björn, leider bin ich kein Hellseher und weiß nicht, was dein Projektthema ist. Aber ich vermute mal, dass es um ein FISI-Projekt mit irgendeiner Sicherheitssoftware geht. In diesem Fall kannst du ja mal ausrechnen, was ein unternehmensweiter Virenbefall euch kosten würde. Wahrscheinlich ist dann dein Projekt direkt am ersten Tag amortisiert! 🙂
Hallo,
vielen Dank für die Antwort. Damit habe ich so schnell nicht gerechnet.
In meinem Projekt geht es um MDM. Aber dadurch kann ich verhindern, dass die Mitarbeiter jede beliebige App runterladen und sich potentiell gefährlichen Kram installieren. Theoretisch wird so ja verhindert… das irgendeine App Passwörter der Mitarbeiter ausliest und Daten von Dritten abgefangen werden können.
Danke für den Tipp. Ich denke das hat mich in eine gute Richtung gebracht.
Jetzt mache ich aber erstmal ein paar Stunden Pause.
Hallo Herr Macke,
ich habe eine Frage zur Amortisation von Projektkosten. Ich habe als Projekt eine Zwei-Faktor-Authentifizierung für ein bestehendes Softwareprodukt entwickelt. Jetzt gewinnt man dadurch jedoch weder Zeitersparnis, noch zusätzliche Erträge, da ein solches Feature unmöglich mit Aufpreis verrechnet werden kann und lediglich der Wettbewerbsfähigkeit dient. Wie würde ich an solche Projekte bei der Wirtschaftlichkeitsanalyse rangehen?
Liebe Grüße Stefan
Hallo Stefan,
wenn das wirklich so ist und die keine monetären Gründe einfallen (mir schon: Erfordernis seitens Datenschutz zur Vermeidung von Geldstrafen, Vermeidung von Accountdiebstahl, keine kostenpflichtige Lösung kaufen), dann liste doch einfach die Gründe auf, die dein Unternehmen anführt, um das Projekt umzusetzen. Solange du dir darüber Gedanken machst und die Entscheidungsfindung sauber darlegst, ist das doch ok.
Viele Grüße!
Stefan
Hallo Stefan,
ich mache für meinen Betrieb eine Projektarbeit im Auftrag einer Kundin. Muss ich jetzt noch ausrechnen, wann sich die Software für die Kundin amortisiert, oder reicht es, die betrieblichen Kosten des Projekts dem Preis der Applikation gegenüberzustellen? Denn im Grunde interessiert meinen Betrieb ja nur, ob das Projekt für den Betrieb Gewinn abwirft.
Viele Grüße,
Christian
Hallo Christian, das kommt darauf an, was du willst. Ich habe beides schon gesehen. Und leider wird das auch häufig durcheinandergebracht. Ich bin ganz bei dir, dass dein Unternehmen eure Amortisation interessiert und nicht die des Kunden. Der muss sich das schon selbst ausrechnen, ob er euch beauftragen will! 😉
Hallo Stefan,
mein Projekt Prozessoptimierung – Implementierung eines Tools (Lösung) für Abwesenheits-/Krankheitsfallmanagement strebt nach einer Steigerung der Effizienz und Produktivität, ebenso nach einer Verbesserung der Mitarbeiterzufriedenheit (Microsoft-Umgebung – automatisierte Workflows sollen Benachrichtigung bei Abwesenheit des Mitarbeiters, den Vertreter kontaktieren – diese soll dann die Hauptaufgaben des abwesendes Mitarbeiters übernehmen usw usw.). Ich stehe nun vor dem Problem, dass ich kaufmännische Aspekte in mein Projekt mit rein nehmen muss (Kaufmann für Digitalisierungsmanagement). Da die Microsoft-Umgebung uns vom Konzern frei zur Verfügung steht, gibt es keine Software/Lizenz Kosten. Da wir bereits in der Microsoft-Umgebung arbeiten, fällt die Option einer anderen Umgebung eben weg. Was kann ich nun also in einer Kosten-Nutzen-Analyse oder Kostenplanung mit einbeziehen? Ebenso habe ich in diverse Foren gelesen, dass eine Berechnung des eignen Stundessatzes im Projekt usw. nicht gerne gesehen wird in Prüfungen. Oder gibt es noch eine kaufmännische Aspekte/Methoden, die ich einbringen kann, um die Wirtschaftlichkeit des Projektes nachzuweisen? Kann ich in meinem Fall NUR von nicht monetären Kosten wie Zeitersparnis, Effizienz, Mitarbeiterzufriedeneheit usw. reden?
Hallo Michael, schau mal hier: Mein Projekt amortisiert sich nicht (FAQ)
Hallo Stefan,
ich verfolge deine Veröffentlichungen mit großem Interesse, sie waren mir sehr hilfreich. Dafür möchte ich dir zuerst danken.
Ich absolviere derzeit eine Umschulung zum Fachinformatiker für Anwendungsentwicklung und habe eine Frage zur Wirtschaftlichkeitsanalyse in der Projektdokumentation. Ich muss die Zeit, die ich für das Projekt aufwende, monetär bewerten. Ich erhalte von dem Unternehmen, bei dem ich mein Praktikum mache, keine Vergütung. Wie sollte ich in diesem Fall meinen Stundensatz berechnen? Sollte ich meinen eigenen Anteil als null Euro ansetzen?
Vielen Dank im Voraus.
Cavar Hiyamli
Kostest du das Unternehmen wirklich nichts? Fallen keine Gemeinkosten für deinen Arbeitsplatz an usw.? Schau mal hier: Mein Projekt amortisiert sich nicht (FAQ)