In der fünfundzwanzigsten Episode des Anwendungsentwickler-Podcasts erläutere ich die Inhalte des Projektantrags für das Abschlussprojekt und worauf man bei der Formulierung achten sollte.
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Inhalt
- Sprechenden Namen und Kurzbezeichnung für das Projekt verwenden.
- Für betriebsfremde Personen (nicht technische Laien!) das Projektthema verständlich erklären.
- Kurze Ist-Analyse mit Beschreibung der Schwachstellen durchführen.
- Soll-Konzept beschreiben.
- Wirtschaftlichkeitsbetrachtung einplanen.
- Zu verwendende Methoden und zu erzeugende Artefakte benennen.
- Entwicklungsprozess definieren.
- Sinnvollen Projektablauf planen.
- Auf sinnvolles Verhältnis der einzelnen Projektphasen achten.
- Geplante Form des Programms und ggfs. Plattform nennen (z.B. Webanwendung mit Java).
- Alle notwendigen Komponenten aufführen (Datenbank, GUI, Logik, Web).
- Implementierungsphase auf einzelne Komponenten herunterbrechen (max. 8h).
- Qualitätssicherung einplanen.
- Dokumentationen einplanen.
- Bei Teilprojekten Thema klar von restlichen Projekten abgrenzen (Eigenleistung).
Konkrete Tipps
- Die Prüfer müssen erkennen können, ob das Projekt zum Berufsbild passt und die notwendige technische Tiefe bzw. einen angemessenen Umfang hat.
- Konkreten Projektantrag der eigenen IHK besorgen und auf Besonderheiten achten.
- Auch bei Online-Systemen den Antrag zunächst offline schreiben.
- Ggfs. alle möglichen Präsentationsmittel auswählen.
- Formblätter exakt ausfüllen.
- Fristen penibel einhalten, ggfs. muss der Ausbilder noch online bestätigen.
Beispielantrag
Hier kannst du dir einen sehr guten Beispielantrag anschauen, der die obigen Punkte umsetzt:
Meine Checkliste zur Prüfung von Projektanträgen
Beim Prüfen von Projektanträgen für die IHK-Prüfung achte ich immer insb. auf die folgenden Punkte. Du kannst die Liste gerne nutzen um deinen eigenen Antrag auf Vollständigkeit und aussagekräftigen Inhalt zu überprüfen.
Projektbegründung
- Wird das Projekt nachvollziehbar eingeführt und beschrieben?
- Viele Prüflinge schreiben so, als wüsste jeder Prüfer, wie die internen Abläufe und Probleme im Unternehmen des Prüflings oder auch branchenspezifische Fragestellungen aussehen. Das ist nicht der Fall! Ein paar Sätze zum Unternehmen und der Problemstellung sollten selbstverständlich sein.
- Was ist der wirtschaftliche Nutzen? Wird eine Kalkulation/Amortisationsrechnung durchgeführt?
- Viele Prüflinge konzentieren sich ausschließlich auf den technischen Teil des Projekts (insb. die Programmierung) und vergessen den wirtschaftlichen Teil völlig. Solche Anträge gehen immer mit Änderungsauftrag zurück an den Prüfling.
Projektplanung
- Ist der Aufbau der zeitlichen Projektplanung logisch und sinnvoll?
- Einige Prüflinge setzen für die einzelnen Phasen des Projekts unrealistische Zeiten ein oder brechen sie nicht detailliert genug runter. So wird häufig die Implementierung z.B. einfach mit 35 Stunden angesetzt ohne genauer zu beschreiben, welche Komponenten entwickelt werden sollen und wie viel Zeit jeweils auf diese entfällt. Unbedingt erforderlich ist natürlich auch die Einhaltung der zeitlichen Vorgabe von 70 Stunden!
- Stimmt das Verhältnis zwischen Entwurf und Implementierung?
- Das Projekt sollte methodisch umgesetzt werden und nicht einfach „drauflos programmiert“. Daher ist eine entsprechend lange Entwurfsphase mit sinnvollen Entwurfsmethoden (z.B. Komponentendiagramm, Entity-Relationship-Model) im Verhältnis zur Implementierung anzuraten.
- Wurde die Dokumentation in der Zeitplanung berücksichtigt?
- Für das Projekt sollten (in den meisten Fällen) verschiedene Dokumentationen angefertigt werden, die sich nicht von alleine schreiben. Es sollte also ausreichend Zeit dafür eingeplant sein.
Implementierung
- Welche Form hat das Programm (Webanwendung, Client mit GUI, CLI)?
- Es ist erstaunlich aus wie vielen Projektanträgen nicht hervorgeht, welche Form das zu erstellende Programm eigentlich hat. Das ist aber durchaus interessant für die Prüfer, um die Projektplanung bewerten zu können (z.B. ob die Zeiten realistisch oder die Tests ausreichend sind).
- Welche Programmiersprache/Datenbank wird verwendet?
- Falls die technischen Details der Implementierung nicht erst während der Projektphase bestimmt werden (was wohl in den seltensten Fällen so ist), dürfen diese Informationen gerne deutlich im Projektantrag genannt werden.
- Wie wird getestet bzw. welche Maßnahmen zur Qualitätssicherung werden angewendet?
- Trotz dreijähriger Ausbildung sind die Prüflinge (und sicherlich auch die Ausbilder) nicht perfekt. Wie wird im Projekt also dafür gesorgt, dass ein vernünftiges Produkt erstellt wird? Hier dürfen ausgedehnte Testphasen, Test Driven Development oder auch Code Reviews eingeplant werden.
Sonstiges
- Welche Methoden werden eingesetzt und welche Artefakte werden erstellt?
- UML-Diagramme, ERM, Tabellenmodelle, Ablaufpläne, EPKs, Programmablaufpläne, Nutzwertanalysen, Mockups usw.
- Und ganz wichtig: Was ist die konkrete Eigenleistung des Prüflings?
- Häufig wird das Projekt so schwammig beschrieben, dass nicht ersichtlich ist, was genau der Prüfling eigentlich macht. In einigen Projekten muss man sich fragen, ob überhaupt eine Zeile Code produziert wird. Gerade bei Integrationsprojekten in großen Unternehmensanwendungen ist der organisatorische Overhead so groß, dass nur noch wenig Zeit für die Implementierung bleibt. Das wird aber in einem Abschlussprojekt erwartet.
Literaturempfehlungen
Links
- Permalink zu dieser Podcast-Episode
- RSS-Feed des Podcasts
- Ist die Projektdokumentation Teil der Bearbeitungszeit des IHK-Abschlussprojekts?
- Durchführungszeitraum des Abschlussprojekts
- Beispiel für einen Projektantrag (ab Seite 7), IHK Hannover
- Inhalt und Genehmigungskriterien für den Projektantrag, IHK Nord Westfalen
Weitere Infos zum Projektantrag
Du suchst noch mehr Tipps rund um den Projektantrag? Dann schau doch mal in diese Artikel- und Podcast-Kategorie: Alle Artikel rund um den Projektantrag.
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Guten Tag Herr Macke,
ich hab denn Podcast zwar noch nicht angehört, muss aber sagen das mir hier ein Link zu einem Muster-Beispiel gefehlt hat. Es wäre nett wenn Sie in Zukunft immer ein Beispiel auf Ihrer Website zum jeweiligen Thema bereitstellen würden.
Gruß
Kilian
Hallo Kilian,
danke für den Hinweis. Ich habe den Beispielantrag oben ergänzt.
Viele Grüße!
Stefan
Das ist ja alles schön und gut und richtig. Nur hat die IHK Vorlage bei uns lediglich knapp 100 Wörter/750 Zeichen Platz und der zeitliche Abstand der Abgabe des Antrages auf Zulassung hin zur Projektdurchführung beträgt über einen Monat. Mit anderen Worten, da hat man nicht das Gefühl „ich muss das jetzt schon ordentlich planen“. Da die Vorlage zudem nur so knapp gefasst ist und überhaupt nicht erklärt was gefordert wird, entsteht nicht der Eindruck dass das so genau gewollt ist. Mit anderen Worten, eine Erklärung wie hier auf der Seite, als Anlage zu einem Formular mit mehr Platz, würde zu mehr Stichhaltigen Anträgen führen. Solange sich das nicht ändert, sind die Anforderungen einfach nur überzogen. Immerhin ist das alles nochmal Teil der Dokumentation zum Projekt und ist dann quasi doppelt, oder aber vorgearbeitet.
Hallo Lukas,
ok, wenn deine IHK andere Vorgaben macht, dann halte dich natürlich dran. Ich finde 100 Wörter viel zu wenig für einen Antrag. Die Prüfer können ja nicht einmal ansatzweise bewerten, ob es sich um ein ausreichendes Projekt handelt. Mit 100 Wörtern kann man ja kaum die Aufgabe beschreiben. Das kenne ich ehrlich gesagt auch noch nicht von anderen IHKen. Nun denn, die werden schon ihre Gründe dafür haben.
Viele Grüße!
Stefan
Hallo Stefan,
ich hätte einmal eine Frage bezüglich der Zeitplanung.
Nehmen wir einmal an ich habe 35 Stunden für meine Impentierungsphase angegeben.
Nun habe ich z.B. folgende Liste für meinen Antrag erstellt:
Implementierungsphase – 35 Stunden
Implementierung der Klassen – 10 Stunden
…
Implementierung der Controller – 25 Stunden
…
Nun würde ich gerne noch einen Optionalen Punkt hinzufügen:
Code verbessern (Refactoring) – optional, wenn bei anderen Punkten Zeit überbleibt
Ist so etwas zulässig? Das Refactoring wäre für mich nur ein Punkt den ich in Angriff nehmen würde wenn z.B. bei der Implementierung der Klassen anstatt zehn Stunden nur neun benötigt werden.
Grüße,
Christoph
Hallo Christoph,
den Punkt könntest du dazunehmen, aber ich wäre vorsichtig bzgl. des Umfangs. Letztlich reden wir hier ja von einer Art „Puffer“, der genutzt wird, wenn Zeit übrig bleibt. Aber wieso sollte bei einer so tollen Planung wie der deinen Zeit übrig bleiben? Hast du nicht genau genug geplant? Hast du etwas übersehen? Das wirft potentielle Fragen für das Fachgespräch auf. (Ja, mir ist klar, dass niemand so genau planen kann! 😉 )
Wieso planst du nicht einfach „hinten rum“ mehr Zeit für ein Refactoring ein, indem du die Implementierung etwas länger machst (oder so lässt wie jetzt) und in der Doku so etwas schreibst wie „Sollten Teile des Projekts schneller entwickelt werden können als geplant, wird die freie Zeit für Refactorings verwendet“. Allerdings würde ich dann in der Prüfung fragen, ob du deine Zeit so knapp kalkuliert hast, dass erstmal nur Spaghetti-Code entstehen kann, der vielleicht aufgeräumt wird „wenn noch Zeit ist“. 😉
Also letztlich würde ich empfehlen, den Hinweis komplett wegzulassen. Ich erwarte von vernünftigen Entwicklern, dass die Zeit für die Implementierung inkl. Refactoring kalkuliert wird. So solltest du das in der Doku auch beschreiben, z.B.: „Die geplante Zeit für die Implementierung enthält bereits das Erstellen der Unit-Tests und ein Refactoring“.
Viele Grüße!
Stefan
Hallo Stefan,
ich weiß leider nicht so richtig bei meinem Projektantrag bei der Kategorie Dokumentation weiter.
Hier steht nämlich:
6.Dokumentation
Bitte geben Sie hier die geplante Art der Dokumentation an (z. B. prozessorientierter Projektbericht), eine Grobgliederung (mindestens drei Phasen) und welche Anlagen Sie vorgesehen haben.
Meine Grobgliederung würde jetzt so ungefähr aussehen:
1.Projektdefinition
2.IST-Analyse
3.SOLL-Konzept
4.Konzept
5.Realisierung
6.Test
7.Wirtschaftlichkeitsanalyse
8.Zusammenfassung
9.Danksagung
10.Begriffserklärung
11.Quellenverzeichnis
12.Anhang
Würde diese schon mal passen? Und welche Arten von Dokumentation gibt es? Ich weiß leider überhaupt nicht, was meine Dokumentation für eine Art ist.
Vielen Dank im Voraus
Sophie
Hallo Sophie,
mhh, das habe ich so noch nicht gesehen. Da fragst du am besten deine IHK. Ich würde das jetzt als Benutzer-/Kundendokumentation interpretieren, aber wenn du die Gliederung angeben musst, kann es ja eigentlich nur die Projektdokumentation sein, die gemeint ist.
Viele Grüße!
Stefan
Hey Stefan,
Danke für deine Bemühungen du hilfst sehr vielen Leuten damit!!
Meine IHK (Pfalz) verlangt nach einem prozessorientierten Projektbericht, allerdings kann ich dazu keine genauen Informationen finden wie so etwas in dem Projektantrag aussehen würde.
In der Projektdokumentation ist das klar aber warum soll dieser nochmal im Antrag stehen?
Die von dir bereitgestellten Beispielanträge habe ich alle durchgeschaut aber bin daraufhin auch zu keiner Lösung gekommen.
Hallo Patrick, davon habe ich schon häufiger gehört, aber leider auch noch nie ein Beispiel gesehen. Daher kann ich dir leider nicht weiterhelfen :-/
Hallo Stefan,
super Beitrag! Er hat mir definitiv geholfen, einige Defizite in meinem Antrag zu entfernen.
Ich hätte eine Frage: Kommt man um den ganzen Lasten-/Pflichtenheft Kram irgendwie rum? In der Handreichung für die FIAEs wird von verschiedenen Projektmanagement-Methoden gesprochen, unter anderem auch Agile. Das wiederum hat aber nichts mehr mit Lasten-/Pflichtenheft zu tun, was aber ebenfalls in der Handreichung gefordert wird. Habe ich hier etwas falsch verstanden, oder ist sich die IHK selbst nicht sicher, was sie will?
Ich persönlich habe ja noch nie ein „echtes“ Pflichtenheft gesehen. In zwei Ausbildungen über 6 Jahre waren das immer nur gestellte aus Scheinprojekten zu Übungszwecken. Die IHK sollte definitiv mal aus den 90ern raus und moderne Methoden bewerben.
Gruß,
Florian
Hallo Florian, wenn du dein Projekt agil umsetzt (hoffentlich trotzdem nach einem etablierten Prozess und nicht einfach irgendwie), passen Lasten-/Pflichtenheft nicht dazu und du musst auch kein erstellen. Aber in jedem Prozess werden die Anforderungen irgendwie aufgenommen und verwaltet und das musst du zeigen. Bei Scrum würdest du also z.B. ein Product/Sprint Backlog erstellen. Die Form der Anforderungen muss zu deinem gewählten Prozess passen.