Unterweisungsentwurf zur Ausbilder-Eignungsprüfung von Muhammed Ali Ciftci (für Fachinformatiker Anwendungsentwicklung)

Ich selbst habe vor viiieeelen Jahren (2006 um genau zu sein) meinen Ausbilderschein erworben. In meinem privaten Blog habe ich den zugehörigen Unterweisungsentwurf immer noch online: Unterweisungsentwurf für die AdA-Prüfung.

Heutzutage sieht die Prüfung jedoch durchaus anders aus als vor fast 20 Jahren. Daher bin ich sehr dankbar, dass Muhammed Ali Ciftci sich bei mir gemeldet hat und seinen Unterweisungsentwurf aus dem Jahr 2024 hier zur Verfügung stellen möchte. Er hat selbst erst vor Kurzem seine Prüfung zum Fachinformatiker Anwendungsentwicklung gemacht und direkt im Anschluss den Ausbilderschein erworben.

Weiter unten findest du einen von ihm verfassten Text zu seiner Person und seiner Ausbilder-Prüfung. Ich habe großen Respekt vor seiner Leistung und komme seiner Anfrage gerne nach, seine Prüfungsdokumente hier für die Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen. Das gesamte Prüfungswesen in Deutschland basiert auf dem Ehrenamt und auch viele Ausbilder:innen in Unternehmen machen diesen Job nur „nebenbei“ zu ihrem eigentlichen Hauptjob. Da finde ich es wirklich toll, wenn Menschen wie Muhammed ihre Arbeit mit anderen Interessierten teilen, um ihnen vielleicht den Weg zum Ausbilderschein zu erleichtern. Ich hoffe jedenfalls, dass dir die Dokumente helfen, falls du selbst noch auf dem Weg zum Ausbilder bist.

Unterweisungsentwurf zur Ausbilder-Eignungsprüfung (Ausbildungsberuf Fachinformatiker Anwendungsentwicklung)

  • Thema der Unterweisung: Logik und Pseudocode zur Ermittlung des maximalen Werts in einer Liste
  • Prüfungstermin: 2024
  • Name des Prüflings: Muhammed Ali Ciftci
  • Ausbildungsbetrieb: eucasys cash system GmbH

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Vielen Dank an [Muhammed Ali Ciftci][prf_link] und eucasys cash systems GmbH für das Bereitstellen der Prüfungsdokumente. Alle internen Angaben oder personenbezogenen Daten wurden entweder unkenntlich gemacht oder durch fiktive Werte ersetzt.


Allgemeines zur Person

Ich bin Muhammed Ali Ciftci, 33 Jahre alt, und arbeite bei der electronic-cash-systems GmbH/eucasys cash system GmbH in Leutershausen. Unser Unternehmen ist eine Softwareschmiede, die sich auf Kassensysteme spezialisiert hat. In meiner Rolle als Full-Stack-Developer und Scrum Master steuere ich das Team durch verschiedene Projekte und sorge für eine reibungslose Entwicklungsarbeit.

Tagesjob

Derzeit arbeiten wir an einer gesetzlich festgelegten Erweiterung für unser Kassensystem Bcassa. Diese Erweiterung soll den neuen rechtlichen Anforderungen gerecht werden und die Funktionalität unseres Systems verbessern. Wir verwenden dafür Technologien wie Visual Studio, C#, WPF, .NET Maui und MVVM. Obwohl ich über viele zukünftige Pläne noch nicht sprechen kann, ist es spannend zu sehen, wie sich unsere Projekte entwickeln werden.

Einstieg in die Informatik/Softwareentwicklung

Schon als Kind war ich fasziniert von Autopilot-Systemen in Flugzeugen, Navigationssystemen und Robotern. Ich habe immer versucht, diese Technologien zu verstehen und hinterfragt, wie sie funktionieren. Leider wurde mir als Jugendlicher gesagt, dass ich ohne Abitur keine Chance hätte, in diese Branche zu gelangen. Daher machte ich zunächst eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann und war in dieser Branche sehr erfolgreich. Als Geschäftsführer und Filialleiter verdiente ich gut, aber die Arbeit erfüllte mich nicht.

Mit der Corona-Krise kam dann die Wende. Unser Geschäft musste schließen, und ich sah meine Chance, meinen Traum zu verwirklichen. Trotz vieler Hürden und Widerstände begann ich eine Umschulung zum Fachinformatiker Anwendungsentwicklung. Diese Zeit war nicht einfach, insbesondere das Lernen im Alter von 30 Jahren. Ich entwickelte eigene Lernmethoden, wie das Aufnehmen und Anhören von Erklärungen beim Wandern, um den Stoff besser zu verinnerlichen. Von ursprünglich 65 Teilnehmer:innen schlossen am Ende nur wenige – darunter ich – die Umschulung erfolgreich ab. Trotz aller Schwierigkeiten bestand ich die Prüfungen mit guten Noten und erwarb meinen Ausbilderschein mit Auszeichnung.

Ausbildung und Studium

Meine Umschulung zum Fachinformatiker Anwendungsentwicklung war ein intensiver Prozess. Ich besuchte auch einen Schnellkurs zum Ausbilderschein, der 1,5 Wochen in Vollzeit dauerte. Die Dozenten waren hervorragend und ich konnte viel von ihnen und meinen erfahrenen Kollegen lernen. Viele Teilnehmer absolvierten den Kurs im Rahmen ihrer Meister-Ausbildung.

Programmiersprachen

Im Alltag arbeite ich hauptsächlich mit C# und XCODE. C# ist für mich besonders attraktiv, da ich damit in .NET Maui native Apps für Windows, Mac, iOS und Android entwickeln kann und gleichzeitig mit Unity Spiele entwickeln kann.

Meine Lieblingssprache ist C#, weil sie mir die Möglichkeit gibt, vielseitige und leistungsstarke Anwendungen zu entwickeln. Mit C# kann ich sowohl Apps als auch Spiele programmieren, was meinen kreativen und technischen Interessen entgegenkommt.

Ausbildereignungsprüfung, AdA und AEVO

Die AEVO, oder Ausbilder-Eignungsverordnung, definiert die berufs- und arbeitspädagogische Eignung der Ausbilder. AdA steht für Ausbildung der Ausbilder, also den Weg, wie man durch entsprechende Kurse zum Ausbilder wird.

Voraussetzungen für den Ausbilderschein: Um einen Ausbilderschein zu machen, muss man sowohl persönlich (keine Vorstrafen) als auch fachlich (abgeschlossene Ausbildung oder 5 Jahre Berufserfahrung) geeignet sein.

Motivation für den Ausbilderschein: Ich bin der Überzeugung, dass man der Gesellschaft etwas zurückgeben sollte. Deutschland hängt im Bereich Programmieren einige Jahre hinterher, was ich auch während meiner Umschulung bemerkt habe. Es fehlt an guten Dozenten, und ich möchte Teil der Lösung sein. Zudem möchte ich meinen Kindern die Möglichkeit geben, später mein Handwerk zu lernen, wenn sie es möchten. Diese Motivation hat mich dazu gebracht, den Ausbilderschein zu machen.

Prüfung und Lehrmethoden

Im Kurs wurden viele Themen behandelt, die bereits in meiner Umschulung zum Fachinformatiker abgedeckt waren, jedoch in einigen Bereichen tiefer gingen. Wir haben uns unter anderem mit dem BiBB und dem JAschG auseinandergesetzt. Es gibt vier Hauptfelder: Ausbildung prüfen, vorbereiten, durchführen und abschließen. Dazu gehört das Planen der Probezeit, das Erstellen von Literatur und das Gestalten des ersten Arbeitstages. Beim Abschluss geht es darum, den Azubi durch die Prüfung zu bringen und Arbeitszeugnisse zu erstellen.

Lehrmethoden: Es ging darum, wie man Wissen optimal vermittelt. Für Gruppen eignet sich Frontalunterricht, während für tiefere Themen Projektarbeit sinnvoll ist. Die modifizierte 4-Stufen-Methode, bei der man erklärt, vormacht, nachmacht und wiederholt, wurde empfohlen. Wichtig ist, mit offenen Fragen zu arbeiten, um den Azubi zur Problemlösung zu führen. Im Kurs übten wir diese Methoden auch praktisch.

Prüfungsstruktur: Die schriftliche Prüfung besteht aus 80 Multiple-Choice-Fragen und dauert 180 Minuten. Die mündliche Prüfung umfasst ein 15-minütiges Rollenspiel und ein 15-minütiges Fachgespräch. Eine Präsentation ist optional möglich. In der Prüfung musste ich den Bubble-Sort-Algorithmus erklären und den Azubi, gespielt von einem Prüfer, durch den Prozess führen. Mit physischen Objekten wie Kisten und Päckchen veranschaulichte ich die Schritte.

Eigene Prüfungserfahrung: Mir wurde geraten, etwas aus einem anderen Bereich zu zeigen, wie zum Beispiel das Falten von Servietten. Das ist sicherlich eine respektable Sache, aber nicht mein Fachgebiet. Ich wollte wirklich etwas mit Programmieren machen, auch wenn die Zeit knapp bemessen war. Ich entschied mich, ein durchdachtes System zu entwickeln, das gut funktionierte.

Ich wollte vermitteln, wie man ähnlich wie im Bubble-Sort das Item mit dem höchsten Wert findet. Ich begann mit einer PowerPoint-Präsentation und zeigte meinem „Azubi“ eine digitale Iteration und erklärte Schritt für Schritt, was da passiert. Zeitgleich machte er das Ganze auf Papier mit. Die nächste Iteration führten wir auf dem Tisch durch. Ich hatte Kisten und Päckchen dabei, die das Ganze veranschaulichten. Die nächste Iteration musste der Azubi selbst durchführen. Danach musste er komplett neu iterieren und mir das Ganze erklären. Ich ordnete die Päckchen mit verschiedenen Werten anders an und sah, ob er es verstanden hatte. Die Lernerfolgskontrolle erfolgte dadurch, dass ich die Bedingung drastisch änderte – statt größer als, kleiner als – und er musste erneut iterieren. So konnte ich feststellen, ob er das Konzept wirklich verstanden hatte.

Empfehlung und Anforderungen an einen Ausbilder

Ich kann den Ausbilderschein nur empfehlen. Für mich gab es zwar wenig Neues, da ich bereits pädagogische Erfahrungen durch meine Kinder, Neffen und im Einzelhandel hatte, aber für viele ohne diese Vorkenntnisse ist der Kurs äußerst lehrreich. Man lernt pädagogische Prinzipien und Methoden, die in der Ausbildung sehr hilfreich sind.

Was einen guten Ausbilder ausmacht: Ein guter Ausbilder ist wie ein Coach oder Mentor. Es reicht nicht, viel Wissen zu haben, man muss es auch gut vermitteln können. Wichtig ist, Wissen in kleinen, interessanten Häppchen zu dosieren und jeden Azubi individuell zu betrachten. Unterschiede in Sprachbarrieren und Vorkenntnissen müssen berücksichtigt werden. Ein guter Ausbilder fördert und lobt die Azubis und passt die Lehrmethoden an die Bedürfnisse jedes Einzelnen an.

Aus- und Weiterbildung

Ich bevorzuge Videos gegenüber Büchern, da sie oft prägnanter sind. Empfehlenswerte YouTuber sind The Morpheus Tutorials, Florian Dalwigk, Programmieren Starten, NetworkChuck und Algorithmen und Datenstrukturen. Ich fasse das Wissen in Stichpunkten zusammen, erkläre es in eigenen Worten und höre es mir beim Wandern oder Sport an. Diese Methode hat sich für mich als sehr effektiv erwiesen.

Die Podcasts von Stefan Macke sind eine wahre Bereicherung. Sie sind besonders hilfreich, wenn man wenig Zeit hat oder nicht genau weiß, wo man anfangen soll. Stefan Macke schafft es, komplexe Themen einfach und verständlich zu erklären, was gerade für Einsteiger und auch Fortgeschrittene sehr nützlich ist. Seine Podcasts bieten nicht nur tiefgehende Einblicke in verschiedene Aspekte der Programmierung und Softwareentwicklung, sondern auch praktische Tipps und Tricks, die man direkt anwenden kann. Besonders wertvoll finde ich die Anleitungen und Diskussionen zu aktuellen Trends und Best Practices. Im Forum gibt es zudem zahlreiche Beiträge und Diskussionen, auf die man zurückgreifen kann, um das Gelernte weiter zu vertiefen und sich mit anderen auszutauschen.

Abschluss

Ihr könnt mich jederzeit auf Instagram unter @mamislegacy erreichen. Vernetzt euch gerne mit mir auf LinkedIn: Muhammed Ali Ciftci. Schaut auch auf meinem YouTube-Kanal mamislegacy vorbei, auch wenn der nicht IT-bezogen ist. Vielleicht gibt es auch ein Comeback auf Twitch: mamislegacy.

Polyglot Clean Code Developer
About the Author
Ausbildungsleiter für Fachinformatiker Anwendungsentwicklung und Systemintegration, IHK-Prüfer und Hochschuldozent für Programmierung und Software-Engineering.

5 comments on “Unterweisungsentwurf zur Ausbilder-Eignungsprüfung von Muhammed Ali Ciftci (für Fachinformatiker Anwendungsentwicklung)

  1. Muhammed Ali Ciftci sagt:

    Vielen Dank! Für die tolle Möglichkeit!

  2. Stefan Macke sagt:

    Gerne! Das hilft bestimmt vielen angehenden Ausbilder:innen im IT-Bereich weiter. Danke!

  3. Thomas Hug sagt:

    Es ist für mich etwas ärgerlich, dass nachdem es inzwischen mehrere Reformen der AEVO gegeben hat, es immer noch viele Prüfungsvorschläge mit der 4-Stufen-Methode gibt. Die Durchführung einer Ausbildungssituation mit der 4-Stufen-Methode wird oft auch noch als sehr erfolgreich für die praktische AEVO-Prüfung angepriesen. Das ist aber etwa so, wie wenn wir heute immer noch das Wähltelefon erklären, obwohl das nur noch im Museum zu finden ist. Deshalb erlaube ich mir zur Ausarbeitung dieser Prüfung einiges Grundsätzliches, aber auch konkretes anzumerken und stelle mich gern einer Diskussion darüber. Denn ich bin selbst langjähriger Ausbilder, Berufsschullehrer und AEVO-Trainer und habe über das Zeitrahmen- sowie Lernfeldkonzept promoviert.

    Der Einsatz der 4-Stufen-Methode ist aus heutiger autagogischer Sicht sehr fragwürdig, geht es doch heute in allen Ausbildungsberufen um die berufliche Handlungskompetenz und das selbständige, teilweise kreative Umsetzen von Aufgaben. In diesem Zusammenhang meint selbstständig: „Ohne Anleitung, Hilfe oder Anstoß von außen, aus eigener Befähigung und in eigner Verantwortung handeln“ (DWDS). Dies erreicht eine 4-Stufen-Methode nicht, da sie eine reine reproduktive Methode ist. Diese Methode ist eine absolut auf den Lehrenden zentrierte Methode und daher für die heutigen Ansprüche der beruflichen Handlungskompetenz, also der Persönlichkeits- und Kompetenzentwicklung nicht geeignet.

    Die Vier-Stufen-Methode wurde, für die im 19. Jahrhundert übliche Beistellausbildung entwickelt. Es ging dabei vor allem darum, einem Lernenden schnell und effizient vorwiegend handwerkliche Fertigkeiten beizubringen. Dabei kommt es nicht so sehr darauf an, dass der Lernende den Prozess verstanden hat, Hintergründe kennt, sondern den Ablauf so schnell wie möglich (genau so wie vorgegeben) umsetzt bzw. nachmacht. Denken ist dabei nicht direkt vorgesehen, Selbstständigkeit schon gar nicht.

    Schon der Begriff Unterweisung zeigt klar auf, welches Verständnis diese Methode hat: unterweisen oder belehren. Damals galt die Lehr-Lerntheorie des Behaviorismus. Man ging davon aus, dass Lehrende Lernenden etwas beibringen können. Das ist wissenschaftlich widerlegt, lebt aber als Mythos immer noch in der Bildung weiter.

    Lernen ist ein aktiver Prozess jedes einzelnen und kann von außen nur angeregt werden. Lernen muss also jeder schon selbst. Deshalb spricht die Verordnung heute auch nicht mehr von Unterweisung, sondern von Ausbildungssituation. Lernen ist auch ein viel größerer Prozess, als dass dieser in Päckchen zu 15 Minuten zusammengeschnürt werden kann.

    In AEVO-Prüfungen frage ich immer, was der Auszubildende denn von morgens 08:00 Uhr bis um 10:00 Uhr macht, bis die Lerneinheit beginnt – und was er denn danach macht? Abgesehen davon ist es die große Frage, wie viel man sich von einem „Vortrag“ überhaupt merken kann. Forschungen gehen von 7 – 9 Informationen aus – nicht mehr. Deshalb bringt es leider nichts, wenn der Ausbilder quatscht und quatscht und quatscht. Aber das ist für den Ausbilder eine schöne Sache – aber weniger für das Lernen des Auszubildenden. Ausprobieren, experimentieren ist hier der Schlüssel. Es kann, muss ganz anders gehen wenn wir die Fachkräfte ausbilden wollen, die unsere Wirtschaft in der Zukunft braucht.

    Um diese ganzen Sachverhalte darzulegen und mit zu berücksichtigen ist die Prüfungsform der Präsentation einer Ausbildungssituation eigentlich der Durchführung vorzuziehen.

    Lernen geht am erfolgreichsten über das Anknüpfen an das vorhandene Vorwissen. Das ist der Schlüssel und deshalb individuell. Damit ist aber nicht gemeint, wie oft in den AEVO-Prüfungen zu erleben ist, dass die vorangegangene Lerneinheit, meist vom Ausbilder, mündlich wiederholt wird. Es geht um die Vorkenntnisse und Vorerfahrungen zum konkreten Lernsachverhalt.

    Die Ausarbeitung ließe sich mit wenig Aufwand in eine handlungsorientierte Ausbildungssituation umwandeln. Ein so motivierter und lernfähiger Auszubildender im zweiten Ausbildungsjahr, wie beschrieben, muss mit seiner bisherigen Erfahrung und dem Vorwissen selbstständig diese Aufgabe lösen können. Es kann und darf doch nicht sein, dass ein Lernender im 2. Lehrjahr noch so an die Hand genommen wird – der ist sicherlich unterfordert und fragt sich, ob ihm sein Ausbilder nichts zutraut.

    Eine Steuerung kann z. B. durch einen geführten Leittext erfolgen. So zu arbeiten wäre viel sinnvoller, denn dadurch müsste/könnte der Auszubildende seine Lerntechniken zum selbstständigen Lernen und Arbeiten trainieren und sich beweisen. Er wäre auch nicht passiv wie bei der 4-Stufen-Methode, sondern aktiv. Seine Ergebnisse muss er selbstverständlich sauber dokumentieren und begründen. Es ließen sich viele Schritte einbauen, bei denen der Ausbilder den Lern- und Arbeitsfortschritt erfahren/beobachten kann.

    Ein noch viel besserer Ansatz wäre es, die ganzen Themen in ein Projekt zu packen und im Modell der vollständigen Handlung zu Lernen. Als IT-Laie könnte ich mir vorstellen, die Projektaufgabe des Auszubildenden ist der Aufbau einer Datenbank für die Urlaubssteuerung der Mitarbeitenden.

    Durch die Umsetzung in einem Projekt lassen sich die überfachlichen Kompetenzen, die hier viel zu kurz kommen, sehr gut einbauen und trainieren. Diese sollten bei der Zieloperationalisierung als wichtigste Punkte mit aufgenommen werden. Die Zielformulierungen, die verwendet werden, sind aus meiner Sicht nicht schlüssig herausgearbeitet und auch nicht mehr zeitgemäß, aber leider immer noch üblich und von Prüfern so gewollt.

    Etwas erschrocken bin ich über die Abhandlung zur Methoden- und Sozialkompetenz. Das ist leider (wie fast immer) sehr schwammig und unklar. Die „Fähigkeit der Abstraktion und des Transfers“ ist in dieser Ausbildungssituation nicht zu erreichen. Es wäre großartig, wenn hier klar aufgezeigt würde, was damit gemeint ist. Über die Aussage, dass „selbstständiges Handeln ein Teil der Sozialkompetenz“ ist, ließe sich sicher streiten. Aber wenn das ein Ziel der Ausbildungseinheit sein soll, dann passt die 4-Stufen-Methode absolut nicht. Eigentlich sind viele gute Beschreibungen in der Ausarbeitung von enthalten. Die Begründung, dafür die 4-Stufen-Methode zu wählen, passt aus meiner Sicht jedoch nicht.

    Insgesamt bräuchte dieser Auszubildende schon von Beginn an ein kompetenzorientiertes Lernen, damit er im zweiten Lehrjahr bereits selbstständig arbeiten kann.

    Ich bin der festen Überzeugung, das geht besser und die Auszubildenden haben es verdient, dass wir uns viel mehr Gedanken machen um eine zielorientierte, kompetenzfördernde, individualisierte Ausbildung in der experimentiert und ausprobiert werden darf. Dazu bietet gerade die AEVO-Prüfung eine tolle Chance, wenn es nicht darum geht einfach nur gut (und „billig) durch die Prüfung zu kommen.

    (Dr.) Thomas Hug

  4. Stefan Macke sagt:

    Hallo Thomas, danke für dein sehr ausführliches Feedback und diesen Einblick! Ich vermute, dass Muhammed sich an die Empfehlungen seiner Trainer:innen für die AEVO-Prüfung orientiert und sich die 4-Stufen-Methode nicht selbst ausgedacht hat! Daher wäre es wohl wichtig, die Reformen der AEVO-Prüfung auch den vermittelnden Personen näherzubringen. Ich kann deine Argumente gut nachvollziehen und habe selbst die Methode auch noch nie in der Praxis angewendet, weil ich die Projekte auch viel besser und spannender für die Azubis finde. Naja, in Deutschland mahlen die Mühlen – gerade im Bereich der Bildung – halt einfach etwas langsamer.

  5. Muhammed Ali Ciftci sagt:

    Sehr geehrter Herr Dr. Hug,

    vielen Dank für Ihre ausführliche und fundierte Rückmeldung. Prinzipiell stimme ich Ihnen in vielen Punkten vollkommen zu. Ihre Kritik an der 4-Stufen-Methode ist nachvollziehbar und aus heutiger Sicht der beruflichen Handlungskompetenz durchaus berechtigt. Wie Sie richtig anmerken, ist diese Methode stark lehrerzentriert und fördert nicht das selbstständige, kreative Handeln, das heute in der Ausbildung erwartet wird.

    Allerdings möchte ich anmerken, dass diese Kritik weniger an die Ausbilder als vielmehr an die Prüfstellen gerichtet sein sollte, da sie die Rahmenbedingungen und Erwartungen der Prüfung definieren. Solange die 4-Stufen-Methode oder ähnliche Ansätze in den Prüfungen erwünscht sind, bleibt uns oft keine andere Wahl, als uns dem anzupassen, um den formalen Anforderungen gerecht zu werden.

    Nichtsdestotrotz habe ich in meiner Ausarbeitung eine modifizierte Version der 4-Stufen-Methode angewandt, die sich von der klassischen Variante unterscheidet. Mein Ansatz ist es, den Lernenden immer wieder aktiv einzubinden und die einzelnen Schritte zu erklären, damit er die Hintergründe versteht und nicht einfach nur nachahmt. Dies bietet aus meiner Sicht einen deutlich höheren Lerneffekt, als es bei der rein reproduktiven Anwendung der Fall wäre.

    Ihre Anmerkung zu den 15 Minuten ist ebenfalls absolut berechtigt. Ich persönlich halte es für sinnvoller, etwa 45 Minuten anzusetzen, um ein Thema umfassend zu behandeln und den Lernenden die Möglichkeit zu geben, die Inhalte vollständig zu erfassen und anzuwenden.

    Abschließend möchte ich mich noch einmal für Ihre ehrliche und konstruktive Kritik bedanken. Sie regt zu einer wichtigen Diskussion über die Zukunft der AEVO-Prüfungen und der Ausbildungsmethoden an, und ich hoffe, dass wir diesen Austausch weiterführen können und die neue Generation davon einen Mehrwert hat.

    Mit freundlichen Grüßen
    Muhammed Ali Ciftci

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