Wie du ein gutes/schlechtes Ausbildungsunternehmen erkennst – IT-Berufe-Podcast #169

Um die Frage, wie oder woran du ein gutes bzw. schlechtes Ausbildungsunternehmen erkennst, geht es in der einhundertneunundsechzigsten Episode des IT-Berufe-Podcasts.

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Inhalt

Viele angehende Azubis fragen sich (und auch mich), woran sie erkennen, ob sie sich bei einem „guten“ Ausbildungsunternehmen bewerben. Und auch Azubis, die schon eine Ausbildungsstelle haben, sollten in den ersten Monaten der Ausbildung – also in der Probezeit – genau prüfen, ob sie wirklich in den nächsten drei Jahren in ihrem Unternehmen vernünftig ausgebildet werden. Worauf man dabei achten kann, erzähle ich heute im Podcast.

Vorweg: Meiner Erfahrung nach bildet der Großteil der Ausbildungsunternehmen vernünftig aus! Trotzdem gibt es auch immer wieder schwarze Schafe, die Azubis nicht ausbilden, sondern ausbeuten. Und darunter leiden dann nicht die Unternehmen, sondern die Azubis, die oft insb. bei der Prüfungsvobereitung alleine gelassen werden und dementsprechend schlechte Prüfungsergebnisse abliefern.

Die möglichen Anzeichen für eine schlechte Ausbildung auf der folgenden Liste sind erstmal nur Indizien! Wenn einzelne Dinge davon ab und an mal in deinem Unternehmen vorkommen, muss das nichts heißen. Unter gewissen Umständen sind sogar dauerhafte „Probleme“ tragbar, wenn drumherum alles andere passt. Urteile also bitte nicht vorschnell, nur weil du hier ein bestimmtes Stichwort gelesen hast!

Und zu einer Ausbildung gehören immer zwei Seiten! Auch du musst deinen Teil zu einer guten Ausbildung beitragen und kannst nicht erwarten, alles auf dem Silbertablett serviert zu bekommen. Schließlich sollst du nach der Ausbildung selbstständig handlungsfähig sein und deinen Job machen können.

Was kannst du tun, wenn du nicht richtig ausgebildet wirst?

  • Suche das Gespräch mit deinem/deiner Ausbilder:in/Chef:in.
  • Geh mit deinem Ausbildungsnachweis zur IHK (Ausbildungsberater:in).
  • Wechsle den Ausbildungsbetrieb (ggfs. mit Hilfe der IHK).

Immer gilt: Suche bei Problemen in der Ausbildung immer zuerst das Gespräch mit deinem/deiner Ausbilder:in und nimm nicht „hinter ihrem Rücken“ Kontakt zur IHK auf. Vielleicht gibt es eine gute Erklärung für die aktuelle Situation und sie dauert nicht länger an. Und alle Menschen – auch du und ich – machen mal Fehler, also erwarte nicht die „perfekte“ Ausbildung. Das ist unrealistisch.

Formelle Anforderungen an Ausbildungsunternehmen und Ausbilder:innen

Ausbildende haben

  1. dafür zu sorgen, dass den Auszubildenden die berufliche Handlungsfähigkeit vermittelt wird, die zum Erreichen des Ausbildungsziels erforderlich ist, und die Berufsausbildung in einer durch ihren Zweck gebotenen Form planmäßig, zeitlich und sachlich gegliedert so durchzuführen, dass das Ausbildungsziel in der vorgesehenen Ausbildungszeit erreicht werden kann,
  2. selbst auszubilden oder einen Ausbilder oder eine Ausbilderin ausdrücklich damit zu beauftragen,
  3. Auszubildenden kostenlos die Ausbildungsmittel, insbesondere Werkzeuge, Werkstoffe und Fachliteratur zur Verfügung zu stellen, die zur Berufsausbildung und zum Ablegen von Zwischen- und Abschlussprüfungen, auch soweit solche nach Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses stattfinden, erforderlich sind,
  4. Auszubildende zum Besuch der Berufsschule anzuhalten,
  5. dafür zu sorgen, dass Auszubildende charakterlich gefördert sowie sittlich und körperlich nicht gefährdet werden.

(BBiG, §14, Absatz 1)

Die Punkte 1 bis 3 sagen im Prinzip aus, dass du vernünftig ausgebildet werden musst. Du sollst nach der Ausbildung in der Lage sein, deinen Beruf selbstständig auszuüben. Diese Aufgabe kann dein Unternehmen auch nicht delegieren, sondern muss sich selbst darum kümmern. Außerdem muss dein Unternehmen dich auch finanziell unterstützen, wenn du Ausbildungsmittel (in der IT z.B. Fachbücher) benötigst.

Die Ausbildung in Deutschland heißt nicht umsonst duale Ausbildung, denn ein wichtiger Teil dabei ist die Berufsschule. Klar, dass du am Unterricht teilnehmen können musst, oder?

Der letzte Punkt überrascht dich vielleicht, ist aber auch eine wichtige Aufgabe des Ausbildungsunternehmens. Es gibt ja durchaus auch Azubis, die mit 16 oder 17 Jahren in die Ausbildung starten. Da kann man wohl noch nicht von einem „gefestigten Charakter“ sprechen. 😉

Als Ergänzung zu 2.:

Eine Ausbildungsstätte, in der die erforderlichen beruflichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten nicht im vollen Umfang vermittelt werden können, gilt als geeignet, wenn diese durch Ausbildungsmaßnahmen außerhalb der Ausbildungsstätte vermittelt werden.

BBiG, §27, Absatz 2


Ausbildende haben Auszubildende zum Führen der Ausbildungsnachweise nach § 13 Satz 2 Nummer 7 anzuhalten und diese regelmäßig durchzusehen. Den Auszubildenden ist Gelegenheit zu geben, den Ausbildungsnachweis am Arbeitsplatz zu führen.

BBiG, §14, Absatz 2

Das sollte für sich selbst sprechen.


Auszubildenden dürfen nur Aufgaben übertragen werden, die dem Ausbildungszweck dienen und ihren körperlichen Kräften angemessen sind.

BBiG, §14, Absatz 3

„Azubi-Aufgaben“ (Kaffee kochen, Spülmaschine ausräumen etc.) dürfen nicht die Regel sein.


Auszubildende dürfen nur eingestellt und ausgebildet werden, wenn die Zahl der Auszubildenden in einem angemessenen Verhältnis zur Zahl der Ausbildungsplätze oder zur Zahl der beschäftigten Fachkräfte steht, es sei denn, dass anderenfalls die Berufsausbildung nicht gefährdet wird.

BBiG, §27, Absatz 1, Satz 2

Mehr Azubis als Mitarbeiter:innen sind ein schlechtes Zeichen.


Auszubildende darf nur einstellen, wer persönlich geeignet ist. Auszubildende darf nur ausbilden, wer persönlich und fachlich geeignet ist.

BBiG, §28, Absatz 1

Ausbilder:innen haben eine wichtige Aufgabe, für die sie entsprechend qualifiziert sein müssen, z.B. weil sie selbst eine Ausbildung oder ein Hochschulstudium in diesem Beruf absolviert haben. Es werden auch bestimmte pädagogische Anforderungen gestellt. Diese werden durch eine Ausbildung nach AEVO erworben. Außerdem sollte der/die Ausbilder:in eine „angemessene Zeit“ im Beruf praktisch gearbeitet haben. Wenn der gerade fertige Azubi direkt zum/zur Ausbilder:in wird, ist das also etwas seltsam.

Fachlich geeignet ist, wer die beruflichen sowie die berufs- und arbeitspädagogischen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten besitzt, die für die Vermittlung der Ausbildungsinhalte erforderlich sind.

BBiG, §30, Absatz 1

Prüfung bereits im Bewerbungsprozess

  • Wird erwartet, dass ich Ausbildungsinhalte schon vor der Ausbildung kann?
  • Gibt es einen betrieblichen Ausbildungsplan?
  • Gibt es eine:n „richtige:n“ Ausbilder:in mit Ausbilderschein (AEVO)?
  • Welche Prüfungsleistungen haben die bisherigen Azubis erreicht?
  • Wurden die bisherigen Azubis übernommen?
  • Liegt die Höhe der Azubivergütung (deutlich) über dem Mindestlohn?
  • Wie werden in der Ausbildung Lernerfolgskontrollen durchgeführt?
  • Wie läuft die Prüfungsvorbereitung im Unternehmen ab?
  • Welche Azubi-Projekte wurden in den letzten Jahren durchgeführt?
  • Hat das Unternehmen mehr Azubis als Mitarbeiter:innen?

Während der Probezeit

  • Herrscht ein vernünftiger Umgangston?
  • Kümmert sich jemand um mich?
  • Mache ich viel „Fließbandarbeit“?
  • Habe ich immer etwas zu tun oder viel „Leerlauf“?
  • Habe ich Zeit zum Lernen während der Arbeitszeit?
  • Kann ich Fragen stellen?
  • Ist mein:e Ausbilder:in fachlich kompetent?
  • Bekomme ich Feedback zu meiner Arbeit?
  • Ist ein strukturierter Ablauf der Ausbildung zu erkennen?
  • Werden meine Bücher etc. bezahlt?
  • Muss ich nur „Azubi-Tätigkeiten“ (Kaffee kochen, Rasen mähen etc.) durchführen?
  • Muss ich viele Überstunden machen?
  • Muss ich zu seltsamen Zeiten oder sehr unregelmäßig arbeiten?
  • Werde ich pünktlich bezahlt?
  • Werde ich für die Berufsschule freigestellt?
  • Muss ich vor/nach der Berufsschule noch ins Unternehmen kommen?
  • Darf ich das Berichtsheft während der Arbeitszeit führen?
  • Wird das Berichtsheft regelmäßig kontrolliert und abgezeichnet?
  • Muss ich im Berichtsheft lügen?

Literaturempfehlungen

Die Umsetzungshilfen für den jeweiligen Ausbildungsberuf kann ich absolut empfehlen. Sie enthalten viele Praxistipps für Ausbilder:innen in der IT, damit die Ausbildung eben nicht zur Ausbeutung wird.

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About the Author
Ausbildungsleiter für Fachinformatiker Anwendungsentwicklung und Systemintegration, IHK-Prüfer und Hochschuldozent für Programmierung und Software-Engineering.

9 comments on “Wie du ein gutes/schlechtes Ausbildungsunternehmen erkennst – IT-Berufe-Podcast #169

  1. matthias sagt:

    Moin super podcast , finde ich wirklich gut was Sie da machen wie wäre mal einen Folge zu Thema Umschüler ? Würde mich
    persönlich interessieren da ich selber ein FiSi Umschüler bin 🙂

  2. Stefan Macke sagt:

    Hallo Matthias, danke für das Feedback! 🙂 Und schau mal hier: Umschulung zum Fachinformatiker mit Jan Bauer

  3. Axel sagt:

    Hallo Stefan,

    erstmal danke für den Podcast. Als jemand der sich neu mit dem Thema aus Sicht des Ausbilders beschäftigt eine wahre Goldgrube 🙂

    Eine Frage habe ich zu folgender Aussage in den Shownotes:

    Es werden auch bestimmte pädagogische Anforderungen gestellt. Diese werden insb. durch eine Ausbildung nach AEVO oder ein Hochschulstudium erworben.

    Bedeutet das, das z.B. ein Dipl. Informatiker mit entsprechender Berufserfahrung Ausbilder sein darf ohne eine Prüfung bei der IHK machen zu müssen?

    Das hätte ich so noch nicht gehört in fände ich auch etwas seltsam.

    Bis denn,

    Axel

  4. Stefan Macke sagt:

    Bedeutet das, das z.B. ein Dipl. Informatiker mit entsprechender Berufserfahrung Ausbilder sein darf ohne eine Prüfung bei der IHK machen zu müssen?

    Das habe ich mich im Podcast leider etwas unklar ausgedrückt. Laut BBiG, §30, Absatz 1 gilt:

    Fachlich geeignet ist, wer die beruflichen sowie die berufs- und arbeitspädagogischen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten besitzt, die für die Vermittlung der Ausbildungsinhalte erforderlich sind.

    Für den ersten Teil des Satzes, die berufliche Qualifikation, gilt nach BBiG, §30, Absatz 2, Satz 2:

    Die erforderlichen beruflichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten besitzt, wer eine Abschlussprüfung an einer deutschen Hochschule in einer dem Ausbildungsberuf entsprechenden Fachrichtung bestanden hat

    Demnach dürfest du als Diplom-Informatiker IT-Azubis fachlich ausbilden, aber die pädagogischen Kenntnisse musst du zusätzlich durch den AdA-/AEVO-Schein nachweisen.

  5. Mark sagt:

    Wieder mal 100% Zustimmung, Stefan.

    Habe für mein Unternehmen glücklicherweise jeden Punkt positiv abhaken können. Der Einsatz im Betrieb macht mir auch riesen Spaß.
    Noch ein wichtiger Punkt für mich: Vertrauen. Mein Chef und Ausbilder behandeln mich auf Augenhöhe und verlassen sich auf mich. Das motiviert mich ihr Vertrauen nicht zu enttäuschen. Wir haben insgesamt ein sehr angenehmes Arbeitsklima dadurch. Ich fühle mich verstanden, ernstgenommen und geschätzt und versuche das auch selbst mit anderen umzusetzen.

    Was hingegen die Schule angeht: Einfach nur eine Katastrophe. Mein Lehrer weiß, dass die Schule das Monopol hat und weist jede noch so berechtigte und freundlich vorgebrachte, konstruktive Kritik mit den Worten zurück, man solle doch kündigen, wenn einem etwas nicht passt. Sowas ist eicht traurig. Ein Mal konnte ich mich einfach nicht zurückhalten und habe erwidert, dass ich die Schule lieber gestern als heute gekündigt hätte, aber diese nun mal leider mit der Ausbildung einhergeht.

    Der Lehrer musste sich haufenweise Beschwerden von Betrieben anhören…

    Hoffentlich machen das andere Schulen/Lehrer besser.

  6. Stefan Macke sagt:

    Hallo Mark, super, vielen Dank für deinen Bericht. Freut mich, dass du ein gutes Ausbildungsunternehmen gefunden hast. Ich wünsche dir schonmal viel Spaß und Erfolg bei der weiteren Ausbildung.

    Zur Schule kann ich nur sagen, dass die Lehrer:innen, die ich persönlich kenne, alle anders eingestellt sind und immer an das Wohl der Schüler denken. Aber dass es hier auch mal Ausreißer nach unten gibt, ist wohl leider so. Schade!

  7. Chris sagt:

    Was hingegen die Schule angeht: Einfach nur eine Katastrophe. Mein Lehrer weiß, dass die Schule das Monopol hat und weist jede noch so berechtigte und freundlich vorgebrachte, konstruktive Kritik mit den Worten zurück, man solle doch kündigen, wenn einem etwas nicht passt. Sowas ist eicht traurig. Ein Mal konnte ich mich einfach nicht zurückhalten und habe erwidert, dass ich die Schule lieber gestern als heute gekündigt hätte, aber diese nun mal leider mit der Ausbildung einhergeht.

    Zumindest in meinem Bundesland kann man sich unter bestimmten Bedingungen von der Berufsschulpflicht befreien lassen. Mir ging es ähnlich wie dir, so dass ich von dieser Möglichkeit gebraucht gemacht habe.

  8. Calvin sagt:

    Was ein super Talk, der schlechte Erinnerungen geweckt hat. Als längere Anekdote, wie es nicht laufen sollte und vorne weg, ja auch im zweiten oder dritten Ausbildungsjahr sollte man manchmal vielleicht den Betrieb wechseln.

    Ich hatte in Berlin eine Ausbildung zum FIAE bei einem großen Unternehmen im medizinischen Bereich abgehalten. War schon länger arbeitslos und extrem motiviert, endlich wieder durchzustarten.
    Wusste damals aber trotz Anfang zwanzig (zu unreif) nicht viel von den hier angesprochenen Punkten und in meiner ersten Ausbildung war ich auch eher der Laufbursche und dachte, es wäre normal – gut war es ja damals auch in einer Weise.
    Ich habe extra eine 6-monatige Berufsvorbereitung in diesem Betrieb gemacht und war über die Zustände und das Niveau erschrocken. Es gab einen Ausbilder mit Ausbilderschein, der prahlte mit seinem Elektrotechnikwissen und bei Problemen sollte ich lieber seine beiden Kollegen fragen – ok, dachte ich mir, jedoch war keiner von diesen der Anwendungsentwicklung fähig bzw. hatte diese niemand gelernt und eigentlich waren beide gerade am Einarbeiten in die Systemintegration.
    Übrigens war die Sekretärin die Frau vom Ausbilder und hat regelmäßig die Mathe oder Geografie(!?) Schreibaufgaben kontrolliert.

    Alle 3 Mitarbeiter in der IT-Abteilung, die mich betreuten, waren frisch umgeschult, was natürlich nicht verwerflich ist, jedoch nicht für langjährige Erfahrung in der IT sprach.
    Also war niemand im Betrieb für Anwendungsentwicklung qualifiziert, aber trotzdem wurde AE angeboten. Mir wurde dann aber versprochen, das bereits nach FIAE Ausbildern gesucht wird – viel Honig noch um die Schnute geschmiert – und war damit einverstanden.
    Die 6 Monate war ich eigentlich nur am Kabel patchen, Durchbrüche bohren auf internen Umbauten und Einrichtung jeglicher Hardware etc. – sogar einen Blaumann mit ehrlicherweise qualitativen Stahlkappenschuhen (die benutze ich bis heute!) habe ich geschenkt bekommen.

    Das war natürlich nicht, was ich erwartet hatte oder versprochen wurde und es kam oft zu wirklich hitzigen Diskussionen. Trotzdem wieder Versprechungen und viel Naivität bei mir, also fing ich die Ausbildung an.
    Es veränderte sich über Monate nichts, weiterhin war ich Elektroniker / Laufbursche. Mir wurde sogar verboten, Online-Kurse auf Lernplattformen zu machen und ich erhielt Abmahnungen, als herausgefunden wurde, dass ich sie doch machte.
    Ich wollte einfach irgendwie mal programmieren. In der Freizeit war ich damals einfach nur noch traurig und die anfängliche Motivation nun auf 0 %, deshalb privat gar nichts gemacht.
    Die Software wurde bis auf Office von der Administration verboten/gesperrt, wegen der Sorge „Leute würden die Systeme angreifen“.

    Schule war leider genauso ein Armutszeugnis. Der Betrieb hatte eine private Schule, die in Berlin rechtlich anerkannt und somit verpflichtend war, aber auch diese hatte keine Lehrer für Anwendungsentwicklung, dafür aber eine Menge Quereinsteiger(wieder legitim, wenn gekonnt), die mit uns über Geschichte, Literaturanalysen und Hardware(!) redeten. Witzigerweise war Sport mein Lieblingsfach, weil die Lehrerin klasse war.

    Ein Highlight war für mich das damalige LF2(?), in der Mitte des zweiten Lehrjahres, als der Lehrer gemeinsam mit uns die Grundlagen von Geschäfts- und Betriebsprozessen das erste Mal lernte. Immerhin war er ehrlich und ein korrekter Typ – leider wurde dieser in kürzester Zeit gefeuert, aber die „Lehrer“, welche im 2 und 3 Jahr immer noch versuchten, ihre Lizenz zu erhalten, da sie bereits mehrere Lehrproben versemmelten, durften bleiben. Als kleiner Einwurf: Mir war damals nicht bewusst, da ich nicht aus der Ecke kam, wie erschreckend die Lehrsituation in Berlin ist, da machen die Zahlen vom Bildungsmonitor natürlich Sinn.

    Letztendlich habe ich 2 Jahre noch dort verbracht nicht ein Mal Code vors Gesicht bekommen, weder in Schule oder Betrieb und als Ausgleich zu meinem Frust nur gezockt. Habe mir dann ein Praktikum gesucht und mich kurz vor der Abschlussprüfung von der Firma übernehmen lassen und die Zeit konnte glücklicherweise angerechnet werden. Ich weiß noch, wie peinlich es mir war, dass ich als fast Fertiger weniger konnte als diejenigen, die eine Woche da waren.

    Schließlich habe ich Jahre später herausgefunden, warum es in diesem Betrieb so ablief, weil ich mit der netten Sportlehrerin nun schon in Rente mal darüber reden konnte. Für jeden Teilnehmer, also Berufsvorbereitung/Azubi erhält dieser Betrieb (öffentlicher Dienst mit Integrationsauftrag für Arbeitslose) laut einer Studie von 2009-2010 gute 50.000€ pro Jahr(!) pro Teilnehmer(!) und sie erzählte mir auch, wie viel Druck von oben kam, die Leute solange wie möglich in der Berufsvorbereitung zu halten.
    Ein wirklich ganz schwarzes Schaf deutscher Ausbildungsbetriebe und es ist gruselig, wie so etwas wirklich legal laufen kann – bis heute!

    Dennoch bin ich froh über meine fast 3 Jahre dort, so viel fürs Leben habe ich danach nie wieder in so kurzer Zeit gelernt und heutige Kollegen können meine Erlebnisse teils gar nicht glauben – verständlicherweise.
    Deshalb hoffe ich, dass sich ganz viele Azubis diesen Podcast anhören und es sich wirklich zu Herzen nehmen, aber meistens ist es leider doch so, dass man erst im Nachhinein versteht, was wirklich passiert ist oder wie die Ausbildung besser verlaufen wäre – insbesondere die Benotung 😉

  9. Stefan Macke sagt:

    Hallo Calvin, vielen Dank für deinen ausführlichen Bericht. Sehr schade, dass es bei dir so mies gelaufen ist. Ich hoffe, dass andere Azubis/Umschüler früher die Reißleine ziehen und den Betrieb wechseln.

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