Häufige Fragen im Fachgespräch – Polymorphie – Anwendungsentwickler-Podcast #10

Dieser Beitrag ist Teil 4 von 15 in der Serie Häufige Fragen im Fachgespräch.

In der zehnten Episode meines Anwendungsentwickler-Podcasts beende ich meine Reihe zu häufigen Fragen im Fachgespräch rund um die Objektorientierung mit dem Thema Polymorphie.

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Inhalt

  • Polymorphie (oder auch Polymorphismus) heißt Vielgestaltigkeit.
  • Polymorphie ist ein Konzept der Objektorientierung, das zwei konkrete Ausprägungen hat:
    1. Variablen können unterschiedliche Datentypen annehmen. Überall wo eine Basisklasse oder ein Interface erwartet wird (Variablen, Parameter usw.), kann auch eine Subklasse bzw. eine implementierende Klasse verwendet werden.
    2. Bei Methoden wird erst zur Laufzeit entschieden, an welchem Datentyp diese aufgerufen werden (dynamisches Binden). Da der konkrete Datentyp zur Laufzeit vom deklarierten Datentyp abweichen kann, ruft die Laufzeitumgebung dynamisch die Methode des konkreten Datentyps auf. Wenn eine mehrstufige Vererbungshierarchie vorliegt, wird die Methode aufgerufen, die in der Hierarchie am weitesten unten liegt.
  • Beispiel 1: Das Interface Waschbar definiert die Methode wasche(). Die Klasse Reinigung definiert die Methode reinige(Waschbar zuWaschendesObjekt), die die Methode wasche() aufruft. Die Klassen Auto und Hund implementieren Waschbar und können nun beide von der Reinigung gewaschen werden.
  • Beispiel 2: Die Klasse Tier definiert die Methode gibLaut(). Die Klassen Hund und Katze erben von Tier und implementieren gibLaut() (einmal als „Wuff“ und einmal als „Miau“). Die Klasse Labrador erbt von Hund und implementiert gibLaut() nicht erneut. Wenn nun ein Herrchen seinem Tier sagt, es soll Laut geben, dann wird das Tier – je nachdem um welches konkrete Tier es sich handelt – entweder „Wuff“ oder „Miau“ sagen. Ein Labrador wird „Wuff“ sagen, da er die Methode von Hund erbt.

Weiterführende Diskussion

  • Was ist ein Interface?
    Ein Sprachkonstrukt, dass in vielen objektorientierten Sprachen verfügbar ist und quasi eine abstrakte Klasse mit ausschließlich abstrakten Methoden darstellt.
  • Was ist der Unterschied zwischen einem Interface und einer abstrakten Basisklasse?
    In den meisten Sprachen kann man nur von einer Klasse erben, aber mehrere Interfaces implementieren. Abstrakte Basisklassen können zusätzlich zu abstrakten Methoden auch noch Attribute oder implementierte Methoden enthalten.
  • Wann nutzt man ein Interfaces bzw. eine abstrakte Basisklasse?
    Eine abstrakte Klasse sollte verwendet werden, wenn die Implementierung von Methoden wiederverwendet werden kann/soll.
    Ein Interface sollte verwendet werden, wenn komplett unterschiedliche Implementierungen (z.B. Sortieralgorithmen) oder sogar unterschiedliche Konzepte (Auto und Hund sind Waschbar) abgebildet werden sollen.
  • Was ist parametrische Polymorphie (auch Generics)?
    Generische Klassen stellen allgemeingültige Algorithmen für mehrere Datentypen bereit. Ein gutes Beispiel sind Listen (List<T> in Java), die nach der Parametrisierung (z.B. List<String>) nur noch (typsicher) mit einem Datentyp arbeiten können.

Tipps für die Programmierpraxis

  • Immer gegen Abstraktionen, nie gegen Implementierungen programmieren! (Dependency Inversion Principle)
  • Interfaces den Vorzug geben, da Vererbung eine sehr starke Beziehung ist, die schwer aufzulösen ist.
  • Häufiges Muster: Abstrakte Klasse, die ein Interface implementiert, vereint die Vorteile beider Konzepte.
  • Wenn man in einer objektorientierten Sprache switch benutzt, hat man meist etwas falsch gemacht und sollte stattdessen besser Polymorphie einsetzen. (Replace Conditional with Polymorphism)

Literaturempfehlungen

  • Wie immer der Klassiker für alles rund um Java:
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  • Ein sehr gutes Buch rund um die Objektorientierung und gerade auch Polymorphie. Verständlich geschrieben und mit vielen Praxisbeispielen angereichert. Auch wenn der Fokus auf Ruby liegt, empfehle ich das Buch allen Einsteigern in die Objektorientierung.
    Sandi Metz - Practical Object Oriented Design in Ruby*
  • Das Standardwerk rund um das Thema Refactoring. Ein konkretes Refactoring wird oben bereits erwähnt: Replace Conditional with Polymorphism. Viele weitere werden mit Schritt-für-Schritt-Anleitungen in diesem Buch beschrieben.
    Martin Fowler - Refactoring: Improving the Design of Existing Code*

Links

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About the Author
Ausbildungsleiter für Fachinformatiker Anwendungsentwicklung und Systemintegration, IHK-Prüfer und Hochschuldozent für Programmierung und Software-Engineering.

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